Erna Pinner, die nicht allein Künstlerin, sondern zudem Naturwissenschaftlerin, Publizistin, Fotografin und Weltreisende war, studierte bereits mit 16 Jahren an dem Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt am Main. Von 1907 bis 1933 wirkte sie jedes Jahr an zahlreichen Gruppen-und Einzelausstellungen etwa in Berlin, Frankfurt und Köln mit. In London, wo sie ab 1935 im Exil lebte, gelang ihr ein Neuanfang.
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Anfangsjahre in Frankfurt
Am 27. Januar 1890 wird Erna Pinner in Frankfurt am Mai geboren. Sie wächst im Frankfurter Westen in einer gut bürgerlichen Familie auf. Früh wird sie gefördert und kann 1906 bereits das Städelsche Kunstinstitut besuchen, ein Jahr später stellt sie bereits eigene Werke in einer Gruppenausstellung in Frankfurt aus.
Sie reist ein Jahr darauf nach Berlin und studiert von 1908 bis 1910 bei Lovis Corinth Malerei. In Paris trifft sie mit 20 Jahren auf Maurice Denis, Felix Valloton und Paul Serusier an der Academie Ranson und studiert dort bis 1914. In der Zeit, 1912, hat sie ihre erste eigene Ausstellung, im Kunstsalon Schames in Frankfurt am Main. Zu Beginn des 1. Weltkriegs kehrt sie nach Frankfurt zurück, wo sie 1916 auf Kasimir Edschmid trifft. Mit ihm verbindet sie eine Freundschaft und eine berufliche wie private Partnerschaft.
20er Jahre – die Kosmopolitin
1922 bereist Erna Pinner zusammen mit Kasimir Edschmid Afrika, Südamerika, Europa und den Nahen Osten. Sie fotografiert auf den Reisen, zeichnet und illustriert die auf der Reise verfassten Bücher. Zudem entwirft sie Kostüme zu seiner Bühnenarbeit und schreibt zwei eigene Bücher, Ich reise durch die Welt und Eine Dame in Griechenland.
Zusätzlich zu ihren Reisen und Publikationen stellt sie weiter aus, in der Galerie Alfred Flechtheim in Berlin, in Frankfurt in der Galerie Flechtheim und Kahnweiler. 1927 erscheint das Buch Tierskizzen aus dem Frankfurter Zoo mit Text von Erna Pinner. Ihre eigenwilligen Tierzeichnungen machen sie zu einer begehrten Illustratorin.
Flucht ins Exil
Erna Pinner wird am 6. März 1933 aus der Reichskammer der Bildenden Kunst ausgeschlossen, ihre Situation in Deutschland und Frankfurt am Main verschlechtert sich zunehmend. 1935 verlässt sie Deutschland und geht nach England, 1939 folgt ihr ihre verwitwete Mutter. Die Beziehung und Zusammenarbeit mit Kasimir Edschmid beendet sie 1938, er verbleibt in Deutschland. Erst im Frühjahr 1946 wird sie den Kontakt wiederaufnehmen.
Erna Pinner verlässt Deutschland mit wenigen ihrer Kunstwerke, viele verbleiben in Frankfurt. Ihr Atelier, welches sich in der Bockenheimer Landstraße in ihrem Elternhaus befand, wird 1944 durch einen Bombenangriff vollkommen mit ihren darin verbliebenen Werken und Fotografien zerstört. Die von ihr gestellten Wiedergutmachungsanträge werden unzureichend oder nicht geklärt.
Kunst im Londoner Hampstead – "das Leben ist eine Metamorphose"
Das tradierte Datum der Emigration ist Oktober 1935. Fünfundvierzigjährig aus Deutschland geflohen, verbringt Erna Pinner zweiundfünfzig Jahre in London. Sie beteiligt sie sich an Hilfsaktionen für Geflüchtete aus Deutschland zusammen mit Freund*innen wie Anna Mahler und wird Mitglied des PEN-Clubs deutschsprachiger Autoren im Ausland.
Ihre künstlerische Arbeit nimmt sie direkt wieder auf. Von 1936 bis 1939 arbeitet sie mit der Druckerei und dem Verlag Samson Press zusammen. 1936 erscheint das erste Buch in England mit ihren Illustrationen Animal Favourites. Sie lernt Julian Huxley, den Betreiber des Zoos in London kennen über welchen sie weitere Kontakte zur Londoner Zoologischen Gesellschaft knüpft. Sie vereint die Professionen Naturforschung und Kunst, denn mit ihrem in London aufgenommenen Studium zur Biologie wird sie zusätzlich zur Künstlerin auch Theoretikerin zoologischer Graphik. Dennoch reist sie nie wieder, um die von ihr gezeichneten Tiere in ihrer eigentlichen Umgebung zu sehen. Für ihre Studien besucht sie Zoos, Archive und Bibliotheken. Das "Leben ist eine Metamorphose" schreibt sie in einem Brief an Kasimir Edschmid 1954.
Ihr erster veritabler Verkaufserfolg ist die von ihr illustrierte Ausgabe des Kinderbuchs Bambis Children von Felix Saltens 1939. Sechs Jahre später erscheint das von einer Biologin verfasste Buch Wonders of Life mit Erna Pinners Illustrationen. Das meistzitierte Buch, bei welchem sie Text und Grafik verantwortet, die Curious Creatures, wird 1961 publiziert, sechzehn Jahre nach ihrer Flucht. Es erscheint in sieben Ländern. Sie publiziert bis zu ihrem selbstverordnetem Ruhestand 1970 kontinuierlich Bücher und veröffentlichte in Zeitungen. 1987 stirbt Erna Pinner in London.
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