Samson Schames, Biografie

Samson Schames wird 1898 in Frankfurt geboren. Wie viele jüdische Künstlerinnen und Künstler seiner Generation, muss er sich mehrfach im Exil ein neues Leben aufbauen. Beharrlich knüpft er neue Kontakte und nutzt seine alten. Auch in seine Kunst greift er auf Schichten seines alten Lebens zurück und schafft aus Fragmenten neue Werke.

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Frankfurter Wurzeln und künstlerische Anfänge

Samson Schames wurde am 31. Dezember 1898 in Frankfurt am Main, als zweites von drei Kindern der Eheleute Sophie, geborene Guggenheim, und Albert Schames, geboren. Er stammte aus einer alteingesessenen jüdischen Familie, die bereits im 17. Jahrhundert in der Frankfurter Judengasse wohnte. Sein Vater, Albert, war angestellt am Bankhaus Rothschild und später der Sekretär von Max Freiherr von Goldschmidt-Rothschild. Samson Schames erhielt eine religiöse Ausbildung und wuchs im stark jüdisch geprägten Frankfurter Ostend auf. Die örtliche Synagoge war für ihn zu Fuß erreichbar und er besuchte die Schule der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Frankfurt.

Mit 18 Jahren, im Jahr 1915, begann Schames mit der Ausbildung im Kunsthandwerk, an der heute als Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main bekannten Universität. Er brach dadurch mit der Familientradition, nach der er im Bankgewerbe hätte arbeiten sollen. Dieser Bruch ist wahrscheinlich seinem Onkel Ludwig Schames, der Kunsthändler und Unterstützer der damals noch jungen expressionistischen Kunstbewegung war und Unterstützer des damals berüchtigten Künstlers Ernst Ludwig Kirchner, zuzuschreiben.

Doch Schames Kunstausbildung wurde unterbrochen. Von 1916 bis 1918 musste er während des Ersten Weltkriegs Militärdienst leisten. Nach seiner Entlassung setzte er seine künstlerische Ausbildung fort. Er schrieb sich an der Kunst- und Gewerbeschule Frankfurt, dem heutigen Städelschen Kunstinstitut, ein. Dort studierte er Malerei, Grafik und Bühnenbild. Während seines Studiums verdiente er sich seinen Lebensunterhalt mit kommerziellen grafischen Arbeiten und entwarf unter anderem Anzeigen für Zigaretten, Benzin und Autoöl.

1923 verließ er die Kunsthochschule und arbeitete als Bühnenbildner. Er schuf zudem Werke im Bereich Textil- und Wandteppichdesign, an denen der starke Bauhaus-Einfluss der mittleren 1920er Jahre erkennbar ist. Neben Bauhaus-Einflüssen finden sich in seinem Werk auch traditionelle jüdische Motive, wie zum Beispiel die Menora und der Davidstern.

Recto: Opernplatz

Um 1928 gelang es Schames sich mehr und mehr der Malerei zu widmen und seine kommerziellen Arbeiten zu reduzieren. Mit der Unterstützung seines Onkels, des Galeristen Ludwig Schames, bahnte er sich einen Weg in und durch die Kunstszene der 1920er Jahre. 1928 und 1930 reiste er nach Italien und Frankreich, die auf den Reisen entstandenen Bilder stellte er anschließend in Frankfurt aus. Seine Skizzen, Zeichnungen und Ölgemälde zeigen eine tiefe Verbundenheit mit Frankfurt und seiner Umgebung. Ein wiederkehrendes Motiv ist Schames’ Darstellung des Frankfurter Opernplatzes. Dort befand sich auch die Galerie seines Onkels.

England, Zeit im Exil

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 konnte Samson Schames nicht mehr am öffentlichen Kunstleben teilnehmen. Ab 1934, nach dem Mal- und Ausstellungsverbot für jüdische Künstler, waren seine Werke nur noch in Ausstellungen des Jüdischen Kulturbundes und in seinem Privatatelier in der Weißfrauenstraße zu sehen.

Straße im Herbst (Rothschildpark)

Neben den Versuchen in Frankfurt weiter zu arbeiten, bereitete Schames seine Auswanderung vor und reist dafür mehrmals in die Niederlande.

In seinem letzten Jahr in Deutschland heiratete er Edith Baum, die mit ihm nach England und anschließend nach New York ging:

"Ohne es zu beabsichtigen, hat mir Deutschland ein letztes unerwartetes, unbeabsichtigtes Geschenk gemacht. Im letzten Moment lernte ich meine Frau kennen, mit der ich ein neues Leben in den neuen Ländern aufbaute. Sie begleitete mich nach England ... die Nacht ist nicht lang genug, und ich habe nicht genug Papier, um über den Ausgleich und die Anregung zu schreiben, die sie mir bot. Hätte sie mich nicht ermutigt, hätte ich oft den Kampf aufgegeben." - Schames' Memoiren, New York City, 1964

Verso: Rückenakt

Die Ereignisse am und um den 9. November 1938 gaben den letzten Anstoß. Nachdem er jahrelang Pläne zur Auswanderung aufgestellt hatte, Deutschland schnellstmöglich zu verlassen, floh er am 5. Januar 1939. Er blieb einige Wochen bei einem Freund in den Niederlanden und fuhr dann weiter nach England. Dort wurde er einer von vielen Künstlern im Exil.

Schames, der zunächst bei Benno Elkan, einem in Dortmund geborenen Bildhauer, der auch aus Deutschland geflohen war, in London unterkam, konnte nur wenige seiner Bilder mit ins Exil nehmen. In London nutzte er in der Anfangszeit die Garage eines in London lebenden Vetters als Atelier. Im selben Jahr wurde er Vorstandsmitglied in dem in Großbritannien gegründeten Freien Deutschen Kulturbund. Bereits im März 1940 präsentierte er in der Brook Street Gallery in einer Einzelausstellung Werke aus seiner Frankfurter Zeit sowie neue Arbeiten.

Nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs galt er in England als sogenannter feindlicher Ausländer. Im Juni 1940 wird er im Huyton Camp in der Nähe von Liverpool interniert. Auch wenn ihm die üblichen Utensilien eines Malers fehlten, gelang es ihm, mit Hilfe seiner Essensrationen weiterhin künstlerisch tätig zu sein. Aus Rübensaft, Schuhcreme, Ruß und Kondensmilch stellte er Farben her. Als Pinsel benutzte er Büschel aus seinen Haaren, die er an Zweigen befestigte. Sein Einfallsreichtum ermöglichte ihm eine gewisse Freiheit in den fünf Monaten seiner Internierung. Er verwendete notgedrungen das, was ihn umgab und erschuf so aus Abfall und Resten etwas, was sowohl qua Material als auch durch die Motive seine Umgebung wiederspiegelte.

Refuse Heap (Abfallhaufen)

Nach seiner Entlassung aus der Internierung im Oktober 1940 blieb Schames kehrte er zunächst nach London zurück. Er schuf neue Kunstwerke, darunter mehrere Mosaike, die aus Glas-, Porzellan- und Geschirrscherben bestehen. Es handelt sich dabei um Trümmer der deutschen Bombenangriffe auf London. Die Scherben und das zerbrochene, kaputte Material zeigen auch das Zerbrochene der Welt.

Nach seiner Rückkehr nach London beteiligte er sich in der Zivilschutzorganisation, der Civil Defense. Zudem beginnt er mit dem malen der Bildserie Bombed London. 1942 folgt seine erste Einzelausstellung nach der Internierung in der Modern Art Gallery, weitere Ausstellungen folgen. Nach Beendigung des Kriegs reiste er nach Paris, und beteiligte sich an der wo er an der Exposition Internationale d’Art Moderne im Musée d’Art Moderne.

New York als neues zu Hause?

Er entschließt sich mit seiner Frau, London und Europa zu verlassen. Mit seinem Umzug 1948 nach New York beginnt für Samson Schames ein neues Kapitel. Zwar vermisste er die Solidarität, die er in London während der Kriegszeit erlebte. Zugleich eröffnete ihm die Metropole neue Möglichkeiten.

Im März 1950 stellte Schames seine Werke aus London und dem Huyton Camp in der New Yorker Carlebach Gallery zeigen. Die Ausstellung trug den Titel A Monument to Hitler‘s Infamy, übersetzt Ein Denkmal für Hitlers Niedertracht. Die Ausstellung wurde viel rezipiert und fand in den Medien große Beachtung.

Doch Schames entschied sich, seine künstlerischen Techniken aus den Londoner Jahren nicht fortzusetzen. Stattdessen vertiefte er sich in die Szenarien von New York. Sein Spätwerk zeigt farbenfrohe Landschaftsansichten, die sowohl in der Stadt als auch bei seinen zahlreichen Ausflügen in die Natur entstanden sind.

Railway Bridge (Eisenbahnbrücke)

und

Still life (Stilleben)

Auch Themen und Motive aus dem Judentum griff er wieder auf. Für die Mosaike Blowing the Shofar, übersetzt Schofarblasen, und Kindling of the Lights, auf Deutsch Lichtanzünden, brach er das Glas selbst und fügte es wieder zusammen, was die Werke von den in England entstandenen unterscheidet.

Blowing the Shofar (Schofarblasen)

und

Kindling of the Lights (Lichtanzünden)

Schames baute sich in New York ein neues und selbst gewähltes Leben auf, in dem er sich wohl fühlte.

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