Kissen für die Beschneidung, Unbekannt, Textilien, 17./18. Jahrhundert

Das Leinenkissen für die Beschneidung ist mit zwei dekorativen Bändern aus Spitze und Filethäkelei verziert. Auf dem oberen Band sind zwischen zwei Blumenbändern paarweise stehende weibliche Figuren zu sehen, die jeweils durch eine Blüte und zwei Vögel getrennt sind. Ein anderes Band stellt die Bindung Isaaks dar. Im Mittelpunkt befindet sich der Altar, aus dessen Oberfläche Flammen schlagen; Isaak kniet auf seiner rechten Seite. Hinter ihm sieht man Abraham mit dem erhobenen Schwert. Am äußeren rechten Rand in einem Gebüsch ist ein Schafbock hochkant dargestellt. Die linke Seite der Fläche wird von der großen Figur des Engels eingenommen, dessen Flügel weit geöffnet sind. Indem er seine linke Hand hebt, fordert er Abraham auf, das Schwert zurückzuziehen und statt seines Sohnes den Schafbock zu opfern. Jeder der Protagonisten ist durch einen Anfangsbuchstaben gekennzeichnet, der neben ihm als Teil des Musters zu sehen ist: E für Engel, I für Isaak und A für Abraham. Die Beschneidung ist nicht nur das wichtigste Gebot (Mizwa), die einem Juden obliegt; sie entspricht zudem allen Geboten der Tora insgesamt. Diesbezüglich findet sich im Babylonischen Talmud (Nedarim 32a–b) ein Diskurs, in dem dargelegt wird, dass Abraham nicht als vollkommen betrachtet wurde, bis er den Bund mit Gott erfüllt hatte und beschnitten wurde. In diesem Bund wird Abraham eine Nachkommenschaft versprochen, die sich zu einem Volk formen soll. Von diesem Zeitpunkt an sollen alle Jungen und Männer als Zeichen des ewigen Bundes zwischen Gott und seinem Volk beschnitten werden (Genesis 17:1–14). Abraham kommt dem Willen Gottes unmittelbar nach. Er, sein Sohn Ismael und alle männlichen Mitglieder seines Haushalts werden beschnitten. Isaak ist der erste Mensch, der nach seiner Geburt im Alter von acht Tagen beschnitten wird, wie es in Genesis 21:4 beschrieben ist. Aus diesem Grunde gilt er als die Verkörperung dieses Gebots. Obwohl die Bindung Isaaks nicht direkt mit dem Bund zur Beschneidung in Zusammenhang steht, dient sie dennoch als Erinnerung an den Bund Gottes mit seinem Volk. Während Gott Isaak vor dem Opfertod bewahrt und Abrahams Frömmigkeit anerkennt, gibt er ihm das Versprechen, dass sich sein Samen vervielfältigen und wie die Sterne im Himmel und der Sand am Meer sein wird. Bibliographie Mappot … gesegnet der da kommt. Das Band jüdischerTradition, Osnabrück 1997, S. 197

Objektdetails

Titel

Kissen für die Beschneidung

Künstler*in / Hersteller*in

Unbekannt

Datierung

17./18. Jahrhundert

Objektbezeichnung

Textilien

Sammlungsbereich

JMF Judaica

Ort

Odenwald

Maße

78,5 x 65,5 cm

Material / Technik

Leinenhülle mit Ziereinsätzen aus Filetarbeit

Literatur

Heuberger, Georg (Hrsg.), Die Pracht der Gebote - Die Judaica-Sammlung des Jüdischen Museums Frankfurt am Main, Köln: Wienand, 2006., Weber, A.; Armbruster, F.; Friedländer, E. (Hrsg.), Mappot. Gesegnet, der da kommt, Osnabrück, 1997.

Bildlizenz

Jüdisches Museum Frankfurt, Foto: Herbert Fischer CC BY-SA 4.0, © Jüdisches Museum Frankfurt, Foto: Herbert Fischer

Erwerbsdatum

10.03.1988

Vorbesitz

1987 - dato: Jüdisches Museum Frankfurt, 19.12.1938 - 1939: Beschlagnahme durch die Gestapo, danach wieder im HMF, 1912 - 1987: Historisches Museum Frankfurt, 1675/1725 - 1912: Verbleib unbekannt

Inventarnummer

JMF1987-0085

Jetzt ausgestellt

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