Misrach, Unbekannt, Misrach, 1875 - 1900

Die ovale Tafel ist aus Lochpapier gemacht und mit ursprünglich silberfarbenen Fäden und goldenen Glasperlen bestickt. Im Zentrum ist ein Lichtdruck von Moses aufgeklebt. Moses ist mit den Gesetzestafeln dargestellt. Er hat einen Stab in der Hand und von seinem Kopf gehen Strahlen aus. Die rechteckigen Gesetzestafeln sind mit römischen Zahlen, oben links beginnend, beschrieben. Die Inschrift über und unter dem Bild Moses’ lautet: ״שמע ישראל ה׳ אלוהינו ה׳ אחד״ »Höre Israel / der Ewige / Unser Gott / Ist ein einziges / Ewiges Wesen.« (Deuteronomium 6:4) Für das jüdische Denken ist dieses »Höre Israel« (Schema Israel) die höchste Bestätigung der Einheit Gottes. Das Wort »einzig« wurde aber auch im Sinne von »einzigartig« verstanden. So gesehen ist das Gebet »Höre Israel« nicht nur eine Bestätigung, dass keine anderen Götter neben Gott sind, sondern auch, dass Gott das höchste Wesen ist. Dies ist der von Juden im Lauf der Geschichte am meisten rezitierte Text, auch als letztes Gebet vor dem Tod, insbesondere von Märtyrern. Als liturgisches Element kann das »Schema« in jeder Sprache gesprochen werden, vorausgesetzt es geschieht mit der gleichen Klarheit der Ausdrucksweise, wie man sie im Hebräischen erwartet. Offenbar war der Hersteller der Dekorationstafel mit der deutschen Wiedergabe des »Höre Israel« vertrauter als mit dem ursprünglichen Bibeltext und hat deshalb jene für die Gestaltung gewählt. Dies lässt in Bezug auf den Hersteller – und vielleicht auch auf den Besitzer – den Schluss zu, dass er dem mehr liberalen Teil des Judentums angehörte und nicht dem orthodoxen, der darauf bestand, die Gebete auf Hebräisch zu sprechen. Die Einzelheiten der Darstellung Moses’ lassen eher an eine christliche als eine jüdische Ikonographie denken, hauptsächlich die Nummerierung der Zehn Gebote. Obwohl als solche vor allem im späten 19. und frühen 20. Jh. nicht unüblich, werden in der traditionellen Ikonographie entweder von rechts nach links laufende hebräische Buchstaben oder das erste Wort bzw. die ersten Wörter der Gebote bevorzugt.

Objektdetails

Titel

Misrach

Künstler*in / Hersteller*in

Unbekannt

Datierung

1875 - 1900

Objektbezeichnung

Misrach

Sammlungsbereich

JMF Judaica

Ort

Deutschland

Maße

35 x 28 cm

Material / Technik

Lochpapier; Perlen; Lichtdruck in Silber mit Gold

Literatur

Heuberger, Georg (Hrsg.), Die Pracht der Gebote - Die Judaica-Sammlung des Jüdischen Museums Frankfurt am Main, Köln: Wienand, 2006.

Bildlizenz

Jüdisches Museum Frankfurt, CC BY SA 4.0

Erwerbsdatum

August 1991

Vorbesitz

Geschenk Inge Rortschild geb. Rosenthal in Erinnerung an Jenny und Heinrich Rosenthal

Inventarnummer

JMF1991-0048

Jetzt ausgestellt

Dauerausstellung 1.12

Jüdisches Museum Frankfurt