Die Geschichte der Familie Frank handelt vom Leben im Ghetto, von der jüdischen Aufklärung und Emanzipation. Gleichzeitig umfasst sie Schicksale des Kriegs, der Flucht, des Exils und das Trauma der Schoa.
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Der Familienname Frank ist heute eng verknüpft mit der weltberühmten Tagebuchschreiberin Anne Frank. Ihr berührender Bericht aus dem Versteck im Hinterhaus von Amsterdam während des Zweiten Weltkriegs erschüttert junge Menschen seit Jahrzehnten. Weniger bekannt ist, dass Anne Frank aus Frankfurt kommt. Die Geschichte ihrer Frankfurter Vorfahren geht bis in die Zeit der Frankfurter Judengasse zurück. Einer ihrer frühen Ahnen ist der Perlenhändler Süßkind Stern, der seit 1686 auf dem alten Jüdischen Friedhof Frankfurt beerdigt liegt. Anne Franks Großmutter Alice ist ebenfalls eine geborene Stern. Sie heiratet später Michael Frank, einen Kaufmann aus Landau. Die beiden bekommen vier Kinder: Robert, Otto, Herbert und Leni.
„Ein von Liebe erfülltes Elternhaus...“. Familienleben um 1900
Ihre Freizeit verbringt die Familie Frank gern mit Lesen. Besonders beliebt sind die Werke von Johann Wolfgang von Goethe. Die Familie besitzt aber auch andere Bände der deutschen Klassik und modernen Literatur, ebenso französische und englische Literatur sowie Kinderbücher. Daneben begeistern sich die Franks für Musik. Gemeinsam besuchen sie klassische Konzerte. In der Frankfurter Oper mieten sie eine eigene Loge. Außerdem reisen die Franks gern und machen kleine Fahrradausflüge ins Frankfurter Umland.
Robert Frank an seine Eltern, 16.11.1903
Ich war gestern sehr beschäftigt. Um 8 1/2 Uhr machte ich mit Otto eine Radtour nach Isenburg, von wo aus wir Euch eine Karte schickten, und dann nach Mitteldick, Gehspitze, Forsthaus und zurück. Wir fuhren nüchtern von zu Hause ab und nahmen erst in Isenburg ein lucullisches Frühstück (Kaffee, wachsweiche Eier und Butterbrötchen) ein.
Die Verwandtschaft der Familie Frank wohnt in Frankfurt und Umgebung, aber auch in anderen europäischen Ländern wie Frankreich und der Schweiz. Eine enge Bindung besteht zur Familie von Michael Franks Bruder Leon, der mit seiner Ehefrau Nanette und den drei Söhnen in Paris lebt.
Der Familienalltag wird durch den Ersten Weltkrieg jäh unterbrochen. Die Franks verstehen sich als deutsche Familie und unterstützten das Deutsche Reich im Krieg. Alice Frank und ihre Tochter Leni arbeiten als freiwillige Kriegspflegerinnen. Die Söhne Robert, Otto und Herbert dienen als Soldaten im deutschen Heer.
Eine Frankfurter Familie verlässt ihre Stadt
Aufgrund der wirtschaftlichen Folgen des verlorenen Weltkriegs beginnt Ende der 1920er Jahre die Zeit, in der Frankfurt den Status als Zentrum der Familiengeschichte verliert.
Leni und ihr Mann Erich Elias verlassen Frankfurt 1929 und bauen sich in Basel eine neue Existenz für sich und die beiden Söhne Stephan und Buddy auf. Robert Frank wandert 1933 mit seiner Frau Lotti nach London aus, wo er als Kunsthändler arbeitet. Alice Frank folgt ihrer Tochter Leni nach Basel. Später kommt auch ihr Sohn Herbert nach, der seit 1932 in Paris lebt. Als Letzter verlässt Otto Frank mit seiner Familie die Stadt. Mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten und dem Beginn des staatlichen judenfeindlichen Terrors sehen sie keine Zukunft mehr in ihrer Heimat.